
In einem abgelegenen Tal in Quebec, zwischen steilen Hügeln, verläuft eine Straße, die, von weitem betrachtet, nichts Besonderes an sich hat. Aber wer genauer hinschaut, wird den seltsamen Unterschied entdecken: Auf der westlichen Seite des Tals wachsen Kiefern, Zypressen, Eiben – Bäume, die in den Himmel ragen, sich fest im Boden verankern. Auf der östlichen Seite dagegen, nur Zedern. Nur Zedern. Unbeirrbar, wie eine Reihe von Soldaten in starrer Haltung.
Es war Winter, als sie dorthin kamen. Ein Paar, das schon viel zu lange nicht mehr miteinander gesprochen hatte. Zu lange die falschen Worte gefunden und die richtigen nicht gehört. Ein letzter Versuch, die Vergangenheit zu rekonstruieren, als könnten sie die Uhr zurückdrehen, als könnten sie die Scherben ihrer Beziehung wieder zusammenfügen. Sie wollten es nochmal versuchen. Eine Reise. Etwas Romantisches. Einfach weg, weit weg.
Der Schneesturm kam plötzlich, mit einer Gewalt, die alles andere in den Hintergrund rückte. Die Straße war unpassierbar. Also bauten sie ein Zelt auf, hockten sich zusammen, Schulter an Schulter, und schauten hinaus in den stillen Tanz der Schneeflocken, die sich wie weiche Federn im Wind verfingen und zu Boden sanken.
Der Wind im Tal hatte seine eigenen Regeln. Er lenkte den Schnee, der ihn auf die östliche Seite des Tals trieb, wo er sich, fast hypnotisch, immer dicker und dichter auf den Zedern niederließ. Während die Bäume dort sich bogen, das Gewicht des Schnees auf ihren Ästen tragend, brechen die Zweige der starreren Bäume auf der anderen Seite. Die Eiben, die Zypressen, die Bäume, die nicht nachgaben, wurden vom Schnee erstickt.
„Die Ostseite hat bestimmt auch mal andere Bäume gehabt“, sagte die Frau nach einer Weile, ihre Augen noch immer auf die Zedern gerichtet. „Aber die hatten nicht die Flexibilität, sich zu bücken. Ihre Äste waren zu starr. Der Schnee hat sie einfach zerbrochen.“
Der Mann hörte zu, nickte langsam. Es war eine seltsame Erkenntnis, die sich in der Luft verströmte, wie der Duft von frischem Schnee. Sie hatten es verstanden, beide, ohne Worte. Der Sturm draußen schien sich zu beruhigen, als hätten sie mit ihm einen Pakt geschlossen. Der Schneefall wurde weniger, die Luft klarer. Ihre Blicke trafen sich. Für einen Moment war es, als ob die Welt um sie herum stillstand, als ob alles, was sie miteinander durchgemacht hatten, nun für immer in einem einzigen Moment der Einsicht zusammenfiel.
Der Schnee fiel weiter, aber es fühlte sich anders an. Leichter. Ein Neuanfang.
Kategorien:Anekdoten
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