Grundsätzliches zum Weg der Einheit

Vereinfachend wird die Philosophie des alten China aus den drei Schulen des Daoismus, Konfuzianismus, Budd­hismus bestehend dargestellt. Schon seit langem gab es die synkretistische Neigung, die drei Wege als zusammengehörend, als letztliche Einheit, zu verstehen. Ein schönes Beispiel dieser Haltung ist die Gemeinschaft des Weges der Einheit, auf Chinesisch I Kuan Tao oder Yi Guan Dao [1]. Yi 一 bedeutet Eins, Guan 贯 bedeutet verbinden, und Dao 道, wörtlich „der Weg“, symbolisiert hier den Ursprung alles Seins. Yi Guan Dao ergibt also sinngemäß „Der Weg der Einheit“.

Bei diesem wird die obengenannte alte Dreiheit noch um Elemente der im damaligen China neuen und exotischen Religionen Christentum und Islam erweitert, um so eine offene und nicht sektiererische Sichtweise zum Ausdruck zu bringen, die auf ihre Art vor etwa 100 Jahren das heu­tige Zusammentreffen der Weltkulturen vorwegnahm. Die so entstandene Fünfheit sollte also wiede­rum nicht als exklusiv oder ausschließend verstanden werden, sondern steht eher für die Gesamt­heit aller Möglichkeiten, den spirituellen Bedürfnissen des Menschen nachzukommen. Am ein­fachsten auf den Punkt gebracht ist es das Anliegen der Gemeinschaft, allen interessierten Menschen, ungeachtet ihres kulturellen oder religiösen Hinter­grundes, das Dao 道 zu übermitteln.

So wirft dieser Satz natürlich mehr Fragen auf als er beantwortet.  Zunächst sagt er einmal aus, dass es nicht darum geht, „Gläubige“ zu  gewinnen und Leute zu „bekeh­ren“ – es geht um eine (spirituelle) Praxis, einen Weg zur Verbesserung des Charakters oder der Persön­lichkeit im alltäglichen Leben und dadurch (ein durchaus ambitioniertes Ziel) der heutigen Gesellschaft. Den Weg muss natürlich jeder selbst gehen, aber mit der Übermittlung des Dao, der Drei Schätze Methode stellen die Meister des Weges der Einheit ein kraftvolles Mittel zur Verfügung. Die Überlieferung der Gemeinschaft legt Wert darauf, dieses Dao den Laien mitten in der Gesellschaft für unser Zeitalter mitzugeben, damit sie für den Alltag eine ange­messene spirituelle Praxis leben können. Dies geschieht im Unterschied zur weltabgewandten zurück­gezogenen Übung der Eremiten, Mystiker, Ein­siedler und Mönche des alten China und aller alten Kulturen vor dem Zeitalter der Aufklärung.

Bei einem ersten Blick auf die Gemeinschaft kann man einmal zur weltanschaulichen Orientierung feststellen: Es verbinden sich in einem für chinesisches Denken typi­schen Synkretismus Lehren des Daoismus, (Neo-) Konfuzianismus und Buddhismus miteinander und bilden die direkte Herzenslehre in der Tradition des chinesischen Chan 禅, die das natürliche Sein des Menschen anspricht. Auf wortreiche Erklärungen und Theorien wird daher nicht so viel Wert gelegt wie auf die Erfahrung des Dao im alltäglichen Leben.

[1] I Kuan Tao ist die in Taiwan gebräuchliche und von daher von der Gemeinschaft selbst verwendete Transkription nach Wade-Giles. Yi Guan Dao ist die Transkription nach dem im Festland-China geläufigen System von Pinyin.



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