Anekdote: Der Mond ist in den Brunnen gefallen

Einst, tief in einem üppigen Wald, lebte eine muntere Affenschar, unweit eines alten Brunnens. Eines sternenklaren Abends wagte sich ein junger Affe neugierig an dessen Rand. Als er hinabblickte, erblickte er das leuchtende Abbild des Mondes im ruhigen Wasser. In seiner Einfalt glaubte er, der Himmelskörper sei in den Brunnen gestürzt! In panischer Eile rannte er zurück in den Wald, um dem weisen Affenkönig die schreckliche Nachricht zu überbringen: „Der Mond ist in den Brunnen gefallen! Wir müssen ihn retten und an seinen Platz am Himmel zurückbringen!“ Die anderen Affen stimmten mit lauten Rufen zu: „Ja! Ja! Lasst uns den Mond retten!“ So brach der Affenkönig, gefolgt von seiner gesamten Gefolgschaft, zur Rettungsaktion auf.

Am Brunnen angekommen, berieten die Affen eifrig, wie sie den Mond bergen könnten. Ein findiger Makak hatte eine Idee: „Einer von uns klettert auf den Baum, und dann bilden wir eine Kette, jeder hält sich am nächsten fest, bis wir den Brunnen erreichen!“ Begeistert nahmen sie diesen Plan an. Sie schwangen sich auf einen hohen Baum, der dicht am Brunnen stand, und begannen, sich Ast für Ast hinabzuhängen. Doch der Ast ächzte und bog sich unter der Last der vielen Affen, drohte jeden Moment zu brechen. Endlich berührte der letzte Affe das Mondbild im Wasser. Doch als er seine Hand rührte, verschwand es. In diesem Augenblick des Erschreckens, als ihm klar wurde, dass etwas nicht stimmte, gab auch der überlastete Ast nach. Mit einem lauten Krachen stürzten alle Affen in den Brunnen und fanden ihr tragisches Ende.

Der Mond im Wasser ist weder Mond noch Nicht-Mond. Der Mond tritt nicht ins Wasser ein, und das Wasser trübt den Mond nicht. Es gibt kein Eintreten und kein Austreten, kein Anhaften und kein Loslösen. Ist das Herzwasser rein und leer, gibt es ursprünglich keinen Mond; doch die Leere passt sich allem an und ist untrennbar vom trügerischen Mond.

Ein Schleier vor dem Auge ist wie ein Verirrter, der nach dem Mond im Wasser greift. Durch Bewusstsein klammern wir uns an die vom eigenen Geist geschaffene Realität, haften an der Ansammlung von Gedanken, die sich gegenseitig bedingen. Der physische Körper, die sechs Sinnesobjekte des Geistes – all das entsteht aus dem Nichts, so als ob man krampfhaft nach dem Mond im Wasser greift, ohne die Illusion zu erkennen.



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