Der Himmel war in ein sanftes Abendrot getaucht, als ein erschöpfter Reisender den schmalen Pfad entlangging, der sich am Rande eines plätschernden Baches entlangschlängelte. Sein Körper schrie nach Ruhe, aber er wusste, dass er noch ein Stück weitergehen musste, um einen sicheren Platz für die Nacht zu finden. Plötzlich bemerkte er eine alte Dame, die am Ufer des Baches saß und verzweifelt ins Wasser starrte. Ihre Augen waren von Kummer und Erschöpfung getrübt, und sie schien keinen Ausweg zu sehen.
Mit letzter Kraft schleppte sich der Reisende zu ihr hinüber. „Gnädige Frau, was bedrückt Sie?“, fragte er sanft. Die alte Dame hob langsam den Kopf und ihre Stimme zitterte, als sie sprach: „Ich bin nicht mehr stark genug, um diesen Bach zu überqueren. Aber ich muss dringend auf die andere Seite.“
Der Reisende war selbst am Ende seiner Kräfte, aber die Not der Frau rührte ihn zutiefst. Ohne weiter zu zögern, nahm er sie auf seine Schultern und watete vorsichtig durch das kalte Wasser. Jeder Schritt schien endlos, und das Gewicht der Frau drückte schwer auf seinen ausgezehrten Körper. Doch schließlich erreichten sie das gegenüberliegende Ufer. Die alte Dame stieg ab, murmelte ganz leise ein kaum hörbares „Danke“ und ging einfach fort.
Der Reisende blieb zurück, enttäuscht und verwirrt. Sein Körper schmerzte vor Erschöpfung und er fühlte sich betrogen. „Warum habe ich meine letzten Kräfte für sie aufgewendet?“, dachte er verbittert. Er setzte seinen Weg fort, jeder Schritt ein Kampf gegen die Müdigkeit.
Als die Dunkelheit hereinbrach und die Sterne am Himmel zu flimmern begannen, sank der Reisende auf die Knie, unfähig weiterzugehen. In diesem Moment hörte er das Hufgetrappel eines Pferdes. Ein junger Mann, der auf einem kräftigen Ross ritt, hielt neben ihm an. „Bist du der Reisende, der meiner Großmutter geholfen hat?“, fragte er.
Überrascht und erleichtert nickte der Reisende schwach. Der junge Mann stieg ab, reichte ihm eine Wasserflasche und einen Beutel mit Essen. „Meine Großmutter hat mir aufgetragen, dich zu finden und dir diese Geschenke zu überbringen“, sagte er. „Sie ist sehr dankbar für deine Hilfe.“
Tränen der Erleichterung stiegen dem Reisenden in die Augen, als er einen Schluck Wasser trank und die frische Nahrung aß. Der junge Mann half ihm auf das Pferd und sie ritten gemeinsam durch die stille Nacht.
Der Reisende dachte über die Worte des jungen Mannes nach. Manchmal, so erkannte er, muss man geduldig sein und darauf vertrauen, dass das Leben einem die Antworten zur rechten Zeit gibt. Es ist wie bei einem guten Tee, der langsam über die Zunge gehen muss, um seinen vollen Geschmack zu entfalten. Wie ein Gedicht, das man immer wieder lesen muss, um seinen tiefen Sinn zu verstehen. Man darf es nicht eilig haben, sondern muss die Weisheit des Lebens in Ruhe auf sich wirken lassen.
Kategorien:Anekdoten

Wundervolle und so wahre Worte für die ich von Herzen DANKE! 🙏
Alles LIEBE,
Elke
Vielen Dank für die lieben Worte. Bis nach dem Sommer wieder. Alles Liebe und schönen Sommer!
Von Herzen dir ebenso!