Lankavatarasutra über die acht Bewusstseine (2)

Beitragsreihe: Wie kam der Buddhismus nach China?

Kap. 1: Die Anfänge der chinesischen Philosophien und Religionen

Kap. 2: Die Durchsetzung des Buddhismus in der Wei- und Jin-Zeit (220-420 n. Chr.)

Kap. 3: Die Ausgestaltung des chinesischen Buddhismus in den Nord-Süd-Dynastien (420-589 n. chr.)

Link zu vorherigen Beiträgen

Teil 16: Lankavatarasutra über die acht Bewusstseine (2)

… Zunächst werden die acht Bewusstseine aufgezählt, interessanterweise in Zusammenhang mit dem Begriff „Buddhaessenz“:

Mahamati! Was die heilsamen und unheilsamen [Phänomene] betrifft, nennt man die acht Bewusstseine. Wofür steht die Acht? Die Buddhaessenz (Tathagatagarbha), welche Bewusstseinsbasis heißt, das Herz, der Geist, das Gedankenbewusstsein und der Körper der fünf Sinnesbewusstseine.[1]

Im Sutra ist eine Aufzählung der Arten der Phänomene zu finden: heilsam, unheilsam, neutral, bedingt, unbedingt, weltlich, überweltlich, sündhaft, nicht-sündhaft, befleckt, unbefleckt, wahrnehmbar, nicht-wahrnehmbar. Im obigen Zitat sind nur die heilsame und unheilsame erwähnt. Vermutlich ist dies eine abgekürzte Darstellung. Alle diese Phänomene stellen die Manifestationen der acht Bewusstseine dar. Ein Merkmal dieses Sutras ist die Bezeichnung der Buddhaessenz (Tathagatagarbha) als Bewusstseinsbasis 識藏 shi zang, was leicht zu verwechseln mit dem Begriff für das Speicherbewusstsein 藏識 zang shi (Alayavijnana) ist. Es sind die gleichen zwei Schriftzeichen in umgekehrter Reihenfolge. Das Wort Bewusstseinsbasis stellt die Ansammlung der reinen, unbefleckten Bewusstseinsaggregate dar. Das Speicherbewusstsein wird in der Regel als die Ansammlung der befleckten Bewusstseinsprägungen verwendet. Der Begriff Bewusstseinsbasis wird aber nur in der Version von Gunabhadra verwendet. Bodhiruci verwendet den Begriff Buddhaessenz-Bewusstsein 如來藏識 ru lai zang shi, Siksananda das Buddhaessenz-Speicherbewusstsein 如來藏藏識 ru lai zang zang shi. Hier in diesem Zitat verwenden die beiden als erstes Bewusstsein von den acht das Wort „Speicherbewusstsein (Alayavijnana)“. Weiters scheint es bei Gunabharas Übersetzung so zu sein, als ob „Herz (Citta), Geist (Manas), Gedankenbewusstsein (Manovijnana) und der Körper der fünf Sinnesbewusstseine“ Bestandteile der „Buddhaessenz“ oder „Bewusstseinsbasis“ sind. Wenn wir einen Vergleich mit den anderen Übersetzungen ziehen, wird deutlich, dass diese Sichtweise nicht einheitlich vertreten wird. Bodhirucis Übersetzung sieht wie folgt aus:

Mahamati! Wenn von den heilsamen und unheilsamen Phänomenen die Rede ist, spricht man von den sogenannten acht Bewusstseinen. Wofür steht die Acht? 1. Alayabewusstsein 2. Geist 3. Gedankenbewusstsein 4. Sehbewusstsein 5. Hörbewusstsein 6. Riechbewusstsein 7. Schmeckbewusstsein 8. Tastbewusstsein.[2]

Anstelle einer sinngemäßen Übersetzung für „Speicherbewusstsein 藏识 zang shi“ verwendet er eine phonetische Übersetzung von „Alayabewusstsein 阿赖耶识 a lai ye shi“. Bodhiruci erwähnt die „Buddhaessenz“ überhaupt nicht und listet einfach die acht Bewusstseine auf. Dadurch wird das Alayabewusstsein nur als eines von den acht Bewusstseinen betrachtet. Schauen wir uns nun Siksanandas Version an:

Mahamati! Was die heilsamen und unheilsamen [Phänomene] betrifft, nennt man die acht Bewusstseine. Wofür steht die Acht? Die Buddhaessenz (Tathagatagarbha), welche Speicherbewusstsein heißt, der Geist und das Gedankenbewusstsein sowie der Körper der fünf Sinnesbewusstseine.[3]

Siksananda erwähnt, wie auch Gunabhadra, die „Buddhaessenz“ und verwendet die sinngemäße Übersetzung „Speicherbewusstsein“. Jedoch wird „Citta“ nicht erwähnt. Dadurch wird die „Buddhaessenz“ oder das „Speicherbewusstsein“ an die erste Stelle der Aufzählung der acht Bewusstseine gesetzt und repräsentiert nicht die Gesamtheit der acht Bewusstseine. Selbst ohne Fachkenntnisse in Sanskrit ist in diesem Zusammenhang in der Sanskritversion nicht schwer zu erkennen, dass das Wort „citta“ tatsächlich nicht vorkommt: „tathagatagarbha alayavijnanansamsabdito mano manovijnanam ca panca ca vijnanakayas tirthyanuvarnitah“[4]. Es sei jedoch erwähnt, dass die heute bekannte Sanskritversion am ehesten der Übersetzung von Siksananda entspricht. Um die Buddhaessenz oder das Alayabewusstsein in Bezug auf die anderen sieben Bewusstseine zu verstehen, ist es hilfreich, die anschließende Erklärung ihrer Funktionen oder Wirkungsweisen zu lesen: …

–> Fortsetzung: Teil 16: Das Lankavatara Sutra über die acht Bewusstseine (3)


[1] 大慧!善不善者,謂八識。何等為八?謂如來藏,名識藏。心、意、意識、及五識身。——《楞伽阿跋多羅寶經卷第四 一切佛語心品之四》

[2] 復次,大慧!言善不善法者,所謂八識。何等為八?一者、阿梨耶識;二者、意;三者、意識;四者、眼識;五者、耳識;六者、鼻識;七者、舌識;八者、身識。——《入楞伽經 剎那品第十四》 菩提留支

[3] 復次,大慧!善不善者,所謂八識。何等為八?謂如來藏名藏識,意及意識并五識身。——《大乘入楞伽經 剎那品第六》 實叉難陀

[4] 于曉非,楞伽經梵漢對照本,2017



(Beiträge mit Korrekturen von Ursula Presslauer, Birgit Seissl, Florian Feld, Pascal Hauser, Jörg Hollenstein, Alexander Maurer und Rolland Parth)




Kategorien:Buddhismus China, Lankavatarasutra

Schlagwörter:, , , , , , , , , ,

1 Antwort

Trackbacks

  1. Lankavatarasutra über das wirkliche Bewusstsein (2) – DER WEG DER EINHEIT
  2. Lankavatarasutra über die acht Bewusstseine (1) – DER WEG DER EINHEIT

Hinterlasse einen Kommentar