——Beitragsreihe: Wie kam der Buddhismus nach China?
——Beitragsreihe: Die Koans zur Geschichte des Zen-Buddhismus
Die Geschichte der Yunmen-Schule erstreckt sich über eine glanzvolle Epoche von 300 Jahren, welche die Ära der Fünf Dynastien (907–960) und der Song-Dynastie (960–1279) umfasste. In dieser Zeit brachte die Yunmen-Schule zahlreiche außergewöhnliche Zen- oder Chan-Meister und bedeutende Persönlichkeiten hervor. Ihre Lehren wurden von den Herrschern der Song-Dynastie hoch geschätzt, was der Schule eine herausragende Stellung und höchste Anerkennung verschaffte. Ihre Lehrtätigkeiten gingen über den Süden hinaus und übten Einfluss in den politischen Zentren im Norden des Kaiserreichs aus. Mit der wachsenden gesellschaftlichen Bedeutung der Yunmen-Schule begann sich ihr Schwerpunkt allmählich zu verlagern. Statt in den stillen Bergklöstern, wo sie einst ihre Wurzeln hatte, fand sie zunehmend in den Städten Gehör. Die einst schlichte Leinen- und Hanfkleidung wurde durch prächtige purpurne Gewänder ersetzt, und mit der Zeit gerieten die ursprünglichen Ideale der Gründer – die aufrichtige spirituelle Praxis und der unermüdliche Wissensdrang – immer mehr in Vergessenheit. Diese schleichende Veränderung führte dazu, dass die Yunmen-Schule an innerer Kraft verlor. Als schließlich die Song-Dynastie ihrem Untergang entgegenging, erlosch auch das Licht der Yunmen-Schule und hinterließ nur noch die Spuren einer glorreichen Vergangenheit. All dies begann mit dem Begründer der Schule – Yunmen Wenyan, wörtlich „der Kultivierte vom Wolkentor“ (864–949).
Der Kultivierte stammte aus Jiaxing (in der heutigen Provinz Zhejiang) und war Sohn der Familie Zhang. Schon in jungen Jahren trat er unter der Anleitung des Vinaya-Meisters Zhicheng, wörtlich „der klare Wille“, ins Kloster Kongwang ein. Er galt als begabt, wissbegierig und geprägt von außergewöhnlicher Klugheit und Ausdrucksfähigkeit. Als er herangewachsen war, empfing er die Ordinationsgelübde und wurde buddhistischer Mönch. Er studierte mehrere Jahre die Lehren des Vinaya gründlich und beherrschte den Sinn der Mönchsregeln. Doch da er den endgültigen Sinn der Lehre begreifen wollte, beschloss er, Meister Muzhou Daoming (780–877), wörtlich „der Sinnklare von der Präfektur Mu“, aufzusuchen.
Der Sinnklare war ein Dharma-Nachfolger des Huangbo Xiyun (?-850), des „seltenen Glücks vom Korkbaumberg“. Obwohl er ein Mönch war, lebte er zu jener Zeit nicht im Kloster, sondern kehrte zu seinem weltlichen Zuhause zurück, um seine alte Mutter zu pflegen. Für den Lebensunterhalt verkaufte er selbstgeflochtene Schuhe aus Rohrkolben vor dem Haustor. Immer wieder kamen buddhistische Schüler zu ihm und stellten ihm Fragen. Er antwortete immer rätselhaft.
Die Präfektur Mu lag etwa 250 km südwärts von Jiaxing. Als der Kultivierte beim Wohnsitz des Sinnklaren ankam, stand er vor der geschlossenen Haustür. Er klopfte an die Tür.
Dann hörte er den Sinnklaren im Haus fragen: „Wer ist da?“
Der Kultivierte antwortete: „Es ist so und so.“
Der Sinnklare fragte: „Warum bist du hier?“
Der Kultivierte erwiderte: „Ich habe mein wahres Wesen noch nicht erkannt und bitte den Meister um Unterweisung.“
Der Sinnklare öffnete kurz die Tür, sah ihn an und schloss sie wieder. Dieses Spiel wiederholte sich drei Tage lang. Am dritten Tag, als der Sinnklare die Tür öffnete, drängte sich der Mönch hinein.
In diesem Moment packte ihn der Sinnklare und rief: „Sprich, sprich!“
Als der Kultivierte zögerte, stieß der Sinnklare ihn hinaus und sagte: „Ein unbrauchbarer Bohrer aus der alten Qin-Zeit!“
Dann schloss er die Tür und verletzte dabei einen Fuß des jungen Mönchs. In diesem Moment erlangte der Kultivierte das große Erwachen.
Der Sinnklare wies ihn daraufhin an, Meister Xuefeng Yicun (822–908), den „Rechtschaffenen vom Schneeberg“, aufzusuchen. Der Kultivierte wanderte etwa 500 km weiter nach Süden zur Präfektur Quanzhou (heutige Stadt Quanzhou in der Provinz Fujian) und erreichte schließlich den Fuß des Schneeberges. Bevor er den Berg hinauf zum Kloster des Rechtschaffenen ging, begegnete er einem Mönch.
Der Kultivierte fragte den Mönch: „Geht Ihr heute hinauf zum Berg?“
Der Mönch antwortete: „Ja.“
Daraufhin sagte der Kultivierte: „Ich habe eine Aufgabe für Euch. Stellt dem Meister des Klosters eine Frage, und sagt dabei nicht, dass diese von jemand anderem stammt.“
Der Mönch sagte zu, merkte sich die Frage und begab sich zum Kloster. Es fand gerade eine Versammlung statt, die der Rechtschaffene abhielt. Der Mönch tat genau das, was der Kultivierte ihm aufgetragen hatte: Er trat vor, packte mit einer Hand das Handgelenk der anderen Hand und blieb stehen.
Dann stellte der Mönch die Frage: „Dieser alte Mann! Warum befreist du deine eiserne Fessel nicht von deinem Hals?“
Der Rechtschaffene trat daraufhin von seinem Sitz herunter, hielt den Mönch an der Brust fest und rief: „Schnell, sprich! Sprich!“
Der Mönch wusste keine Antwort.
Der Meister stieß ihn fort und sagte: „Das sind nicht deine eigenen Worte!“
Der Mönch gestand: „Es war die Rede eines anderen, eines Mönchs aus Zhejiang, der sich gerade am Fuß des Berges aufhält.“
Der Rechtschaffene wies daraufhin an: „Versammelt euch und geht alle hinunter! Begrüßt und empfangt diesen edlen Gefährten.“
Am nächsten Tag kam der Kultivierte zum Meister vom Schneeberg.
Sobald der Rechtschaffene ihn sah, fragte er: „Wie bist du zu diesem Punkt gekommen?“
Der Kultivierte senkte demütig den Kopf.
Von da an bestand eine tiefe Verbindung zwischen ihnen. Über viele Jahre hinweg studierte der junge Mönch beim Rechtschaffenen und sammelte Erfahrungen. Schließlich erhielt er das geheime Dharma-Siegel als Bestätigung seiner Nachfolge in der Lehre.[1]
Später begab sich der Kultivierte weiter in den Süden, jenseits des Ling-Gebirges, in die Präfektur Shao (heute Shaoguan in der Provinz Guangdong), wo einst der 6. Ahnlehrer Huineng gelehrt hatte. Am Berg Yunmen, wörtlich „Wolkentor“, errichtete er das Yunmen-Kloster und begann zu lehren. Sein Ruf verbreitete sich schnell. Seine Vorträge wurden oft von über tausend Teilnehmern besucht. Dort begann die 300 Jahre glorreiche Geschichte der Yunmen-Schule.
Im Jahr 1943, als Meister Xuyun, wörtlich „Leere Wolke“, während seiner Pilgerreise durch alle historisch relevanten buddhistischen Stätten das verfallene Yunmen-Kloster entdeckte, gelobte er, diese Schule wiederzubeleben. Er mobilisierte all seine Einflüsse, sanierte das Kloster und wurde, nach einer Unterbrechung von etwa 700 Jahren, als der 12. Dharmafolger der Yunmen-Schule anerkannt. Der Geist des Kultivierten vom Wolkentor erhielt dadurch Fortsetzung und wirkt noch heute.
Ein ähnliches Schicksal teilt die fünfte Schule des Zen- oder Chan-Buddhismus, die am spätesten entstanden ist – die Fayan-Schule. Diese stammte ebenfalls von der Linie des Rechtschaffenen vom Schneeberg ab. Bis zur Gründung der Schule durch Fayan Wenyi (885–958), „der Weisheitsgewinn des Dharma-Auges“, dauerte es noch zwei weitere Generationen. Zunächst kommen wir zu Xuansha Shibei (835–908), dem „Lehrwürdigen vom mystischen Sand“.
Organigramm zur Genealogie der Gründer der fünf Schulen
<<<„Spülst du den Sand aus dem Reis oder den Reis aus dem Sand?“ – Koans zum Xuefeng Yicun (822-908)
[1] 嘉興人也。姓張氏。幼依空王寺志澄律師出家。敏質生知。慧辯天縱。及長落髮。稟具於毗陵壇。侍澄數年。探窮律部。以己事未明。往參睦州。州纔見來。便閉却門。師乃扣門。州曰。誰。師曰某甲。州曰。作甚麼。師曰。己事未明。乞師指示。州開門一見便閉却。師如是連三日扣門。至第三日。州開門。師乃拶入。州便擒住曰。道道。師擬議。州便推出曰。秦時𨍏轢鑽。遂掩門損師一足。師從此悟入。州指見雪峰。師到雪峰莊。見一僧。乃問。上座今日上山去那。僧曰是。師曰。寄一則因緣。問堂頭和尚。祇是不得道是別人語。僧曰得。師曰。上座到山中。見和尚上堂。眾纔集。便出握腕立地曰。這老漢。項上鐵枷何不脫却。其僧一依師教。雪峰見這僧與麼道。便下座攔胸把住曰。速道速道。僧無對。峰拓開曰。不是汝語。僧曰。是某甲語。峰曰。侍者將繩棒來。僧曰。不是某語。是莊上一浙中上座。教某甲來道。峰曰。大眾去莊上。迎取五百人善知識來。師次日上雪峰。峰纔見便曰。因甚麼得到與麼地。師乃低頭。從茲契合。溫研積稔。密以宗印授焉。——《指月錄卷之二十 六祖下第七世 韶州雲門山光奉院文偃禪師》
Kategorien:Buddhismus, Chan- (Zen-) Buddhismus, Koan/Gong-An

Hinterlasse einen Kommentar