Ein immer wiederkehrendes Thema beim Weg der Einheit ist ja der Buddhismus. Unsere Meditationsmethode kommt vom Chan, und Huineng, dessen Leben und Lehre Mingqing in seinen Blogbeiträge anhand des Podiumssutra vorstellt, ist ja ein immens wichtiger buddhistischer Meister. Es ist wohl an der Zeit, einmal einen Schritt zurückzugehen und zu reflektieren: was ist eigentlich die Buddhalehre und inwiefern sollte sie uns heute noch betreffen? Womöglich wird dieses Thema schnell einmal in eine der folgenden Schubladen gesteckt: dass es halt eine eisenzeitliche indische Religion sei, aus einer Zeit, die uns unglaublich fremd ist. Und bei Religion müsse man eben glauben oder auch nicht, je nach Belieben; mit der „wirklichen Wirklichkeit“ habe das aber alles nichts zu tun. Oder man fällt ins andere Extrem: man romantisiert hemmungslos, stellt ein vermeintliches „uraltes Wissen“ sozusagen auf ein Podest – und vermeidet so wiederum, sich wirklich damit zu befassen und auseinander zu setzen. Das ist um so bedauerlicher, weil Gautama Buddha seine Zeitgenossen ausdrücklich aufforderte, seine Lehre 1. unvoreingenommen anzuhören 2. gründlich darüber zu reflektieren 3. sie auszuprobieren, und 4. erst nach dieser persönlichen Prüfung anzunehmen. Seitdem sind 2500 Jahre vergangen, und der Interessent findet heute verschiedene Schulrichtungen und einen Berg an Texten aller Art vor, was ihm den Zugang noch mehr erschwert.
Der amerikanische Wissenschaftsjournalist und Autor Robert Wright hat nun den eben erwähnten Vorschlag Gautamas umgesetzt. Er ist allem religiösen und esoterischen abhold, ein sehr wissenschaftlicher, aber dennoch aufgeschlossener Charakter, der über Evolutionsbiologie und Hirnforschung publizierte. Mit diesem Background besuchte er im August 2003 einfach mal ein Meditationsretreat (Achtsamkeitsmeditation in der burmesischen Vipassana-Tradition). Seine Vorstellung war, diesem Schnickschnack mal im Selbstversuch auf den Zahn zu fühlen und mit soliden Recherchemethoden zu entzaubern. Stattdessen begann ab da für ihn eine jahrelange Auseinandersetzung mit der Thematik, und 2017 kam sein Buch „Why Buddhism is true“ heraus. Die deutsche Übersetzung hat leider aus dieser gewollt herausfordernden, plakativen Aussage ein zaghaftes „Warum Buddhismus wirkt“ gemacht, dafür bringt der deutsche Untertitel meiner Meinung nach den Inhalt gut auf den Punkt: „Die Wissenschaft und Philosophie von Meditation und Erleuchtung“.
Im Folgenden möchte ich ausführen, warum dieses Buch ein idealer Lektürebeginn für westliche Menschen ist, die die Buddhalehre kennenlernen wollen und/oder an Meditation interessiert sind.
Erstens berichtet Wright von seinen unmittelbaren persönlichen Erfahrungen mit der Meditation, was einem eine sehr gute Vorstellung davon gibt, um was es da geht, auf was man sich dabei einlässt. Dann aber – und dieser Ansatz ist sehr gut – kommt er von dieser „existentiellen“, erfahrungsbezogenen Ebene zu einigen wesentlichen Lehrinhalten des Buddha und reflektiert Sie im Lichte seines Wissensgebiets, der Evolutionsbiologie und der Forschung über den menschlichen Geist. So werden dem Leser diese Lehrinhalte nicht als dogmatische Metaphysik hingeknallt, sondern (genau im Sinne Gautama Buddhas) als Annahmen vorgestellt, die sich der Prüfung durch den Interessenten stellen müssen. Fazit des Buches ist am Ende, dass Buddhismus im folgendem Sinne „wahr“ ist (wie im Titel): nicht als ideologische Wahrheit, sondern als sehr, sehr valides Wissen über den menschlichen Geist und als wohlbegründete Basis fürs eigene Üben und Leben. So entsteht im Gemüt das Vertrauen darin, dass der buddhistische Weg Sinn macht und gangbar ist (Saddha, oft mit Glauben übersetzt).
Hier noch ein YouTube Video, in dem Robert Wright selbst über das Buch spricht:
Kategorien:Buchrezensionen, Buddhismus
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