„Endgültiges Nirvana“

Herz Sutra – „Endgültiges Nirvana“

——Begleitlektüre zum Drei Schätze Retreat am 16.06.2021

„Nirvana“ ist ein Wort, das schon längst in die Alltagssprache eingegangen ist. So hat erst kürzlich in der Arbeit einer meiner Kollegen, der unseren Themen wirklich ferne steht, den Ausdruck gebraucht: „Jetzt hat sich das Scheiß-Programm (der EDV) schon wieder ins Nirvana geschossen!“

So meint wohl jeder, sich darunter etwas vorstellen zu können. Aber ist diese landläufige Vorstellung von einem Nirvana eigentlich korrekt? Wo ist es denn jetzt, unser EDV-Programm? Dort etwa, wo alle braven Buddhisten hinkommen, gleich hinter der Tür neben dem Eingang zum christlichen Paradies?

Es stellt sich dann doch etwas anders dar.

Beginnen wir mit dem Wort selbst und seiner Herleitung:

Im Sanskrit ist „Nir“ = aus, im Sinne von nicht mehr, eine Verneinung eben.

Die Wortwurzel „Va“ = wehen, blasen, Windbewegung.

Wir haben also Verwehen, Ausgehen, Erlöschen. Es entsteht eine Vorstellung eines Feuers, das ausgeht. Im Chinesischen wird das Sanskrit Wort mit folgenden chinesischen Zeichen gedeutet: nir = nie (涅) heißt „nicht entstehen“, vana = pan (槃) steht für „nicht vergehen“.

Und tatsächlich finden wir in einer Lehrrede folgendes dazu:

„Alles brennt, Bhikkhus. Was ist „alles“? Das Auge und die Formen, das Ohr und die Töne, die Nase und die Gerüche, die Zunge und die Säfte, der Körper und die Gegenstände, der Geist und die Phänomene sowie die 12-fachen Sinnesfelder sind in Brand. Wodurch brennen sie? Durchs Feuer des Begehrens, durchs Feuer der Abneigung, durchs Feuer der Verblendung. Durch Geburt, Alter, Sterben, Kummer, Jammer, Schmerz, Trübsinn, Verzweiflung brennen sie.“[1]

Die finale Löschung dieses Brandherdes, also das Aufhören von Begehren, Abneigung, Verblendung ist eine erste Definition von „Auslöschung“, Nirvana. Wer dieses Feuer ausgemacht hat, den nennen die Palitexte übrigens „sitibhuta“ (kühl geworden), er ist also wörtlich cool. Dieser Zustand wird auch „befriedet“ genannt, auf Pali nibbuta. Das ist fast die Pali-Form des Sanskrit Wortes Nirvana, nämlich nibbana.

Wörtlich genau übersetzt man Nirvana also wie gesagt mit Auslöschung, Erlöschen. Hier liegt dann aber das Missverständnis nahe, dass das Ich, das Selbst, ausgelöscht ist, zumal wenn man schon von der buddhistischen Nicht-Ich-Lehre gehört hat. Dann wäre ja Selbstvernichtung das buddhistische Ziel. Vorsicht, da ist man ordentlich vom richtigen Verständnis abgekommen! Dieser Vorwurf wurde Gautama schon zu Lebzeiten gemacht.

„Der Asket Gautama ist einer, der in die Irre führt; [denn] er lehrt die Vernichtung, Zerstörung, Auslöschung eines existierenden Wesens“[2]

Er stellt dazu fest:

„Einige … beschuldigen mich fälschlicherweise, ein Nihilist zu sein und die Vernichtung, Verneinung und Nichtexistenz eines existierenden Wesens zu lehren. Dies tue ich nicht und befürworte ich nicht. Früher schon und jetzt lehre ich vom Dukkha und vom Beenden von Dukkha.“ (MN22)

Die Lehre vom „Nicht-Ich“ bezeichnet die Vorstellung von einem Ich eben gerade als Täuschung, als hartnäckige Illusion. Was es letztlich nicht gibt, kann aber auch nicht ausgelöscht werden. Worauf sich dieses Wort „ausgelöscht“ bezieht, sind die genannten Geistesgifte, wie Fehlwissen und Begehren. Sind sie „verweht“ oder ausgegangen wie ein Feuer, dann erfährt man leibhaftig Nirvana. Überhaupt wird Nirvana in den Lehrreden nicht so sehr erklärt, sondern vielmehr als eine zu machende Erfahrung beschrieben. Dies geschieht auf vielfältige Weise, nicht nur negativ als Abwesenheit von etwas. Daher folgen noch zwei Schilderungen, die andere Aspekte des Erlöschens aufzeigen und einen anderen, positiveren Geschmack tragen.  

Ein Synonym für Nirvana ist etwa in den Palitexten „das Ungestaltete“ (asankhata). Das Gegenstück dazu, das Gestaltete (sankhata), ist sozusagen „alles, was es gibt“: genauer die bereits besprochenen Gestaltungen (Sankhara). In einer kurzen Lehrrede wird festgestellt:

„Drei Merkmale des Ungestalteten gibt es: kein Entstehen zeigt sich, kein Vergehen zeigt sich, keine Veränderung im Bestehenden zeigt sich.“[3]

An einer anderen Stelle heißt es:

„Es besteht, Bhikkhus, das Ungeborene, Ungewordene, Ungeschaffene, Unzusammengesetzte. Wenn dieses Ungeborene, Ungeschaffene, Unzusammengesetzte nicht bestünde – dann wäre kein Entrinnen aus dem Geborenen, dem Gewordenen, dem Geschaffenen, dem Zusammengesetzten zu erkennen.“[4]

Wir finden also auch Aussagen Gautama Buddhas über Nirvana, die durchaus einen mystischen, poetischen Klang haben.

Hierzu passen ein paar kurze Gedanken zum Thema Nirvana aus den 1964 in Sri Lanka veröffentlichten „Notizen zum Dharma“ des ehemaligen britischen Offiziers und Theravada Mönchs Nanavira. Er meint zu der Frage, ob Nirvana eigentlich transzendental ist:

„ … es ist vielmehr antitranszendental, denn Mystifizierung ist der mentale Zustand der gewöhnlichen Weltmenschen, nicht der Heiligen … Für den, der klar sieht, ist die Natur von Nirvana überhaupt nichts Geheimnisvolles. Aber wenn transzendental bedeutet „außerhalb der Reichweite unbeteiligter, desinteressierter Personen“, dann ist Nirvana ganz gewiss transzendental und mystisch.“

Aber das gilt dann zum Beispiel auch für Mathematik und Physik.

So weit haben wir also verschiedene Nuancen des Begriffs Nirvana anhand der ursprünglichen Lehrreden Gautama Buddhas betrachtet. Diese Lehrreden, so wie sie in den alten Palitexten und im Chinesischen überliefert worden sind, bilden das gemeinsame Fundament aller buddhistischen Traditionen. Im Laufe der Zeit wurden sowohl in den Sanskrit- als auch in den Pali-Traditionen verschiedene Schwerpunkte im Verständnis von Nirvana betont.

Der Dalai Lama fasst diese Unterschiede kurz zusammen:

In den späteren Pali-Schriften (Kommentare und Abidharma-Werke) wird Nirvana vor allem als das Unbedingte bezeichnet, im Kontrast zum Daseinskreislauf, welcher durchwegs bedingt ist. Nirvana ist hier etwas komplett Eigenständiges und hat nichts zu tun mit Samsara, welches vom abhängigen Entstehen bestimmt wird. Nirvana wird als eine absolute Realität verstanden, auf die auch die Merkmale des Nicht-Ich als einziges Phänomen nicht mehr sinnvoll angewendet werden können.

In den Sanskrit-Werken (des Mahayana) wird Nirvana vor allem als eine Leerheit verstanden, gerade als Nicht-Ich und als eine ultimative Wahrheit. Leerheit ist nach dieser Lesart kompatibel mit der Lehre vom abhängigen Entstehen, welche in diesen Werken auch „abhängiges Benennen“ beinhaltet. Leer zu sein und nur durch Benennen zu existieren sind hier gemeinsame Merkmale von Nirvana und Samsara.

Im Podium Sutra findet man ein Gespräch zwischen Huineng und einem Schüler, der die Beschreibung des Nirvana als still erloschen und glückselig kennt. Daraufhin fragt er den Lehrer, welcher Körper denn erloschen ist und wer die Glückseligkeit empfindet: Wenn der formhafte Körper mit den fünf Ansammlungen erloschen ist, da ist nur viel Leiden und nichts Glückseliges; wenn der Dharmakörper (die Buddhanatur) erloschen ist, wieso empfindet man dann noch eine Glückseligkeit? Das Nirvana würde somit alle Phänomene unterdrücken, sodass sie nicht mehr entstehen können? Oder sind die fünf Ansammlungen nur Funktionen und der Dharmakörper ihre Substanz, sodass beim Erlöschen nur die Funktionen zum Wirken aufhören? D. h. es ist nicht wirklich erloschen und würde wieder entstehen? Huineng antwortet darauf:

„Du bist ein Schüler Buddhas, wie kannst du die falsche Ansicht der Irrwege, [nämlich] von Auslöschung oder Beständigkeit, hegen und damit an die allerhöchste Lehre herangehen? Du behauptest also, dass außerhalb des formhaften Körpers noch ein Dharmakörper existiert, und suchst aufgrund dessen abseits des Entstehens und Vergehens nach der stillen Erlöschung. Daher sprichst du über die beständige Glückseligkeit des Nirvana, die von einem Körper empfunden wird. Bei solcher Ansicht hält man sich noch an Leben und Tod (Samsara) fest und kann das weltliche Glück nicht loslassen.[5]

Du sollst wissen, die verblendeten Menschen sehen die fünf Ansammlungen als die eigene Körperform an, die sie getrennt von allen Phänomenen, welche als äußere Objekte betrachtet werden, ansehen. Daher lieben sie das Leben und verabscheuen den Tod. Getrieben vom Fluss der Gedanken erkennen sie nicht, dass diese illusorisch und trügerisch sind, und geraten bedauerlicherweise in den Kreislauf [des Leidens]. Gerade die beständige Glückseligkeit des Nirvana betrachten sie aber als Leiden, tagtäglich rasen und streben sie unaufhörlich [nach weltlichen Angelegenheiten].[6]

Aus Mitgefühl führte der Buddha die wahre Glückseligkeit des Nirvana vor: augenblicklich ohne Form des Entstehens, augenblicklich ohne Form des Vergehens, es gibt auch kein Entstehen und Vergehen, das beendet werden kann. Wenn es so ist, manifestiert sich die stille Erlöschung, die ohne Maß ist. Es heißt die beständige Glückseligkeit. Weder gibt es jemand, der diese empfindet, noch gibt es jemand, der diese nicht empfindet. Gewiss kann man sie nicht als „eine Substanz mit fünf Funktionen“ bezeichnen. Schon gar nicht ist die Rede davon, dass das Nirvana alle Phänomene unterdrückt und fesselt, sodass sie nie mehr entstehen. Dies wäre eine Verleumdung der Buddhalehre.[7]

Dieser Schüler war in der dualistischen Sicht verfangen. Ein Erwachter hat weder Anhaftung an einem formhaften, weltlichen Ich (welches Leiden erfährt), noch an einem heiligen Dharmakörper (der die Glückseligkeit des Nirvana empfindet). Er verfängt sich in keines dieser Extreme: Weder ist alles leer noch nicht leer, weder leidvoll noch glückselig. Auch hegt er keinen Geist von Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft. Das wahrhaftige Wesen der Soheit wandelt sich nicht, aber wirkt uneingeschränkt je nach Umständen. Auch hegt er dabei nicht den Gedanken an ein Subjekt, welches Wirkungen entfaltet. Ein solcher Gedanke behindert die Wirkung des Urwesens. Das wäre eine differenzierte Betrachtung. An einer anderen Stelle im Sutra sagt Huineng: Der undifferenzierte Sinn ist der wahre Sinn. Erloschen ist das Begehren, das Fehlwissen. Dennoch hegt man auch keinen Gedanken über einen undifferenzierten Sinn, ansonsten wäre es nicht mehr der undifferenzierte Sinn. Huineng selbst erlangte das vollkommene Erwachen beim Hören des Satzes: An nichts mehr anhaftend soll der Sinn entstehen!

Die Sicht der Chan (Zen) Schule auf unser Thema ist praktisch und lebensnah, wie es für ihn typisch ist. Dies zeigt zum Beispiel ein weiteres Zitat von Huineng aus dem Podium Sutra:

Ich lehre euch, wie ihr das gewöhnliche Wesen im eigenen Geist erkennt und das eigene Buddhawesen seht. Wer danach sucht, den Buddha (das Buddhawesen) zu sehen, soll eben das gewöhnliche Wesen kennen. Denn das gewöhnliche Wesen verblendet den Buddha, nicht aber der Buddha das gewöhnliche Wesen. Ist das eigene [Ur]wesen erwacht, ist das gewöhnliche Wesen der Buddha. Ist das eigene [Ur]wesen verblendet, ist der Buddha das gewöhnliche Wesen. […] Im Außen ist kein Ding dauerhaft. Der Geist ist es, der die zehntausend Dinge hervorgebracht hat. Daher heißt es in den Schriften: Entsteht der Geist, entstehen allerlei Phänomene. Erlischt der Geist, erlöschen allerlei Phänomene. [8]

Nach wie vor betont Huineng die undifferenzierte Betrachtung, denn es heißt: die Buddhalehre ist nicht dualistisch. Deshalb ist der undifferenzierte Sinn der wahre Sinn, der bei jedem, ohne Unterschied von Verblendung oder Erleuchtung, gleichermaßen vorhanden ist. Dass der Verblendete weniger Buddhawesen als der Erleuchtete besitze, ist eine falsche Ansicht. Sich schlecht zu fühlen, weil der Geist stark getrübt ist und man keine Klarheit findet, ist genauso hinderlich wie sich mit der Ruhe im stillen Erlöschen zufrieden zu geben. Das Buddhawesen kann nicht in Zeit oder Raum gemessen oder betrachtet werden. Jede duale Betrachtung führt zur falschen Ansicht.

In einer weiteren wichtigen Mahayana Schrift, dem Lankavatara Sutra, findet man das folgende Gespräch zwischen Buddha Gautama und seinem Schüler Mahamati zum „Nirvana“ aus Sicht der Yogacara Schule:

Da sagte Mahamati erneut zum Erhabenen: „Du sprachst vom Nirvana, Erhabener. Was bedeutet der Begriff Nirvana, Erhabener?“

Der Erhabene antwortete: „Es ist die völlige Umwandlung der [mentalen] Gewohnheitsmuster in der Eigennatur aller Vijnana (Bewusstsein) und der eingesessenen Ansichten des Alaya, Manas, Manovijnana; dies wird von allen Buddhas und von mir Nirvana genannt, dessen Zustand die Realität ist, die die Leerheit als Weg und Eigennatur des Nirvana bildet. […]“[9] 

Hier ist von der Wandlung des Bewusstseins die Rede. Die acht Bewusstseinsarten der Yogacara-Schule haben wir bereits in früheren Beiträgen mehrfach behandelt. Das Alaya (Speicherbewusstsein), Manas (Ich-Bewusstsein) und Manovijnana (Gedankenbewusstsein) bilden gemeinsam die Führung unseres Daseins, durch welche wir uns selbst als eigenständiges Dasein sehen und ein „Ich“ einbilden. Das Alaya, das wir mit einem Drehbuch verglichen haben, ist getrübt mit der Ansammlung von karmischen Ursachen, die durch die Gestaltungen des Geistes aufgrund von Begehren und Fehlwissen entstanden sind. Dieses „Drehbuch“ gibt „Filmszenen“ vor, welche der „Regisseur“, das Ich-Bewusstsein, ohne Bedenken übernimmt und damit weitere „Filme“ produziert. Das Gedankenbewusstsein, das glaubt, die „Regie“ zu führen, wird von den Vorgaben des „Regisseurs“ im Hintergrund überschwemmt und führt nur noch seine Anleitungen aus. Gelingt es, die gespeicherten „Filmszenen“ aufzuräumen und zu leeren, so ist der „Regisseur“ nicht voreingenommen und frei von Anhaftungen und Vorurteilen. Dadurch hegt er Gleichmut, und das Gedankenbewusstsein befreit sich von den Trübungen und falschen Unterscheidungen. Dieser Prozess ist als die „völlige Umwandlung der [mentalen] Gewohnheitsmuster in der Eigennatur aller Vijnana (Bewusstsein) und der eingesessenen Ansichten des Alaya, Manas, Manovijnana“ zu verstehen. Huineng beschreibt die Weisheit, die die Umwandlung des Alaya ausmacht, als einen „vollkommenen Spiegel“: klar und rein. Kein Phänomen entgeht noch seinem Gewahrsein und Kenntnis. Das Manas wird zur „Weisheit der Gleichmut“ und das Manovijnana zur „Weisheit der feinen Beobachtung“.  Ist das Urwesen erwacht, dann ist die Verblendung des Speicherbewusstseins (Alaya) vorbei, es erlangt seinen natürlichen Zustand wieder. Gier (Zuneigung) und Hass (Abneigung) lösen sich auf. Entstehen und Vergehen hören auf. Es erfolgen nun keine verblendeten Tathandlungen mehr, sondern tugendhafte Verdienste.

Bezogen auf die zehn Fesseln, die wir im früheren Beitrag behandelt haben, erlöst man sich vom Samsara, also vom leidhaften Dasein, durch die Überwindung dieser Fesseln. Ist Leiden überwunden, hört die Wiedergeburt auf, dies wird in der Regel als Nirvana verstanden. Wie schon im Beitrag zu den Fesseln besprochen, erlangen jene, die die rasche Überwindung der Fesseln und die Verwirklichung des Nirvana anstreben, nicht die vollkommene Sicht und Weisheit eines Buddha. Jener Bodhisattvaweg, der zum Wohle aller Wesen angetreten wird, wird als das große Fahrzeug angesehen. Groß nicht einfach deswegen, weil es mehr Mitwesen zum anderen Ufer übersetzen kann, sondern wegen der unermesslichen Größe des Gemüts und der damit verbundenen Weisheit. Jene Bodhisattvas trachten nicht danach, die Fesseln zu beenden, hegen keine Abneigung gegen das Samsara, suchen keine Vertiefung in die Samadhi, unterbrechen nicht die karmischen Bindungen. Nicht selten hört man das Gelübde eines Bodhisattva, dass er nicht das Nirvana verwirklicht, solange es noch einen gibt, der dies nicht verwirklicht hat. Gautama Buddha spricht im Lankavatara Sutra von diesen Bodhisattva-Mahasattvas als jene, die aufgrund ihrer früheren Gelübde für die Wesen sagen: „Wenn nicht alle Wesen das Parinirvana erlangen, werde ich nicht das Parinirvana erlangen.“ Wer aber denkt, dass der Bodhisattva dann unmöglich das Nirvana verwirklichen wird, begreift noch nicht die Sicht aus der vollkommenen Weisheit, die auch das Nirvana nicht dualistisch betrachtet und als leer sieht. Dazu sagt Buddha Gautama in weiterer Folge im Text: „Der weiß, dass alle Dinge von Beginn an ununterbrochen im Nirvana sind.“ Da sind wir wieder beim Thema des Beitrags angelangt: Warum heißt es „Endgültiges Nirvana“? Der Bodhisattva, der noch eine dualistische Vorstellung von Nirvana und Samsara hegt, ist wohl kein richtiger Bodhisattva. Nachdem unser Bodhisattva die trügerische Vorstellung durchschaut und die wahre Leerheit erkannt hat, erlangt er „das endgültige Nirvana“.

Was bedeutet diese Sicht nun für unsere Praxis? Dazu wieder ein Zitat vom Erhabenen Lehrer:

Jeder hat die Bodhi-Selbstnatur, daher kann man ein Buddha werden, ohne zu praktizieren. Aber wie kann man durch die Bodhi-Selbstnatur ein Buddha werden? Man muss zuerst begreifen, dass diese Natur nichts abgibt aber auch nichts erhält. Was heißt das? Bei allen Angelegenheiten nicht an ihnen anhaften, sie nicht sehen oder hören, insbesondere sich dadurch nicht in Gedanken verfangen. Das heißt, mit den Augen sehen und mit den Ohren hören, aber nicht mit dem Herzen. Dadurch verfängt sich der Geist nicht in Gedanken. Auf diese Weise können alle Trübungen im Geiste beseitigt und die illusorischen Gedanken aufgelöst werden.

Zum Beispiel ist das Gold von Natur aus rein. Formt man es zu Gegenständen, wie z. B. ein goldener Stier oder eine goldene Vase, entstehen aus ihm tausende Gestalten. Das Gold ist aber nach wie vor Gold und ist nicht abhängig von den Gestalten. Zerstört man die Formen, verliert das Gold nicht seine Natur. Das Gold ist flexibel und „gütig“, es lässt sich zu Gegenständen gestalten, das bedeutet der Satz „Es gibt nichts ab“. Bei den mannigfaltigen Gestalten verliert es nicht seine Natur, das bedeutet der Satz „Es erhält nichts“. Kurz gesagt, man agiert flexibel bei allen Umständen, ohne aber an ihnen anzuhaften. So bleibt die Selbstnatur unverändert. Dieses eigene Wesen ist von Natur aus rein, es gibt nichts ab und erhält nichts. Das ist der Weg, den Geist zu klären und die eigene Natur zu erkennen. Alle Menschen haben dieses natürliche Wesen und sind von Natur aus rein. Durch den Zutritt der sechs Stäube über die sechs Sinneskanäle entfernt man sich allmählich von seiner Natur. Daher muss man es mit der Kraft des Prajna (Weisheit) aufrechterhalten, damit keine Fehleintritte (dieser Stäube) möglich sind. Das Prajna enthält die zehn Tugenden des Bodhi. Bodhi ist Sanskrit und heißt Erwachen. Das eigene Wesen ist die Grundlage. Das Bodhi-Selbstnatur ist daher die Grundlage des Erwachens.[10]


[1] Samyutta Nikaya 35.28

[2] Majjhima Nikaya 22

[3] Anguttara Nikaya 3.48

[4] Khuddaka Nikaya 3 Udana 8.3

[5] 师曰。汝是释子。何习外道断常邪见。而议最上乘法。据汝所说。则色身外别有法身。离生灭求于寂灭。又推涅槃常乐。言有身受用。斯乃执吝生死。耽着世乐。

[6] 汝今当知。佛为一切迷人认五蕴和合为自体相。分别一切法为外尘相。好生恶死。念念迁流。不知梦幻虚假。枉受轮回。以常乐涅槃。翻为苦相。终日驰求。

[7] 佛愍此故。乃示涅槃真乐。刹那无有生相。刹那无有灭相。更无生灭可灭。是则寂灭现前。当现前时。亦无现前之量。乃谓常乐。此乐无有受者。亦无不受者。岂有一体五用之名。何况更言涅槃禁伏诸法。令永不生。斯乃谤佛毁法。

[8] 法海白言。和尚留何教法。令后代迷人得见佛性。师言。汝等谛听。后代迷人。若识众生。即是佛性。若不识众生。万劫觅佛难逢。吾今教汝识自心众生。见自心佛性。欲求见佛。但识众生。只为众生迷佛。非是佛迷众生。自性若悟。众生是佛。自性若迷。佛是众生。自性平等。众生是佛。自性邪险。佛是众生。汝等心若险曲。即佛在众生中。一念平直。即是众生成佛。我心自有佛。自佛是真佛。自若无佛心。何处求真佛。汝等自心是佛。更莫狐疑。外无一物而能建立。皆是本心生万种法。故经云。心生种种法生。心灭种种法灭。吾今留一偈。与汝等别。名自性真佛偈。后代之人。识此偈意。自见本心。自成佛道。

[9] Lankavatara Sutra, Kapitel 2, Über die wahre Natur der Dinge, das Wesen des Geistes und die Mittel der Befreiung, Ausgabe 2010, O. W. Barth, Seite 47; Chinesischer Originaltext:尔时,大慧菩萨摩诃萨复白佛言:“世尊,诸佛如来所说涅槃,说何等法名为涅槃?””一切识自性习气及藏识、意、意识见习转已,我及诸佛说名涅槃,即是诸法性空境界。复次,大慧,涅槃者,自证圣智所行境界,远离断常及以有无。云和非常?喂离自相共相诸分别故。云何非断?谓去来现在一切圣者自证智所行故。复次,大慧,大般涅槃不坏不死,若死者应更受生,若坏者应是有为,是故涅槃不坏不死,诸修行者之所归趣。复次,大慧,无舍无得故,非断非常故,不一不异故,说名涅槃。复次,大慧,声闻缘觉知自共相舍离愦闹,不生颠倒,不起分别,彼于其中生涅槃想。”(楞伽经 集一切法品第二之三)

[10] 菩提自性既然人皆具有,不必修行,亦可成佛。但如何憑菩提自性而成佛?必先明白菩提自性是不捨不受。何謂不捨不受?凡事不住心,不見不聞,尤其是不入思議。亦即眼見心不見,耳聞心不聞。這就是不思議,不住心。如此定可消滅一切煩惱,解除許多妄念。譬如黃金,本質純正。以之鑄器,如金牛金瓶,器相萬千,但金則始終為金,與器無關,器毀而金質不變。金肯慈悲隨緣,製成器皿,就是不捨;雖成器相,而金質一毫不變,就是不受。總之,隨緣不住境,便可無改自性。自性清淨不染,不捨不受,就是明心見性之法門。自性人皆具有,初本清淨,由於六根所入,六塵所染,漸失本性。故必以般若之力去維繫,方無誤入。般若含藏菩提十善。菩提本屬梵語,中譯為覺道;自性即本質。菩提自性就是覺道本質。(活佛师尊慈语)



Kategorien:Buddhismus, Herzsutra 心经

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