Podiumsutra – Kap. 1 (2): Welchen Unterschied aber hat die Buddhanatur?

Dharmaschatz Podiumsutra d. 6. Ahnlehrers Kap. 1 (2): Welchen Unterschied aber hat die Buddhanatur?

— Begleitlektüre zum wöchentlichen Drei Schätze Retreat am 26.09.2019

Als Fortsetzung zum vorherigen Blogeintrag befassen wir uns weiter mit dem 1. Kapitel „Mein Weg zum Dharma“ (行由品第一 xíng yóu pǐn dì yī). Der 6. Ahnlehrer Huineng (638-713) erzählt nun von seinem eigenen Weg, wie er zur buddhistischen Praxis gekommen ist und das Dharma erlangt hat:

Ganz zum Kontrast zu der Verehrung, die Huineng aus hohen Rängen der Politik und Gesellschaft (wie zu Beginn des Buches beschrieben) erfuhr, stammt er aus der niedrigsten sozialen Schicht. Sein Vater war zwar ein Beamter, fiel aber in Ungnade und wurde in den rückständigen Süden Chinas verbannt. Das politische und kulturelle Zentrum Chinas war damals im Nordchina verankert. Da die Meereswege zur damaligen Zeit noch nicht erschlossen waren, galt das südliche Küstengebiet als das Ende der Welt. Huinengs Vater war früh verstorben. So musste Huineng schon mit jungen Jahren für den Lebensunterhalt sorgen, indem er in den Bergen Holz fällte und es am Markt verkaufte. Daher hatte er keine Möglichkeit, lesen und schreiben zu lernen.

Eines Tages brachte er Holz zu einer Gaststätte. Es fügte sich, dass ein Gast ein Sutra laut rezitierte. Als er dies hörte, geschah etwas in ihm. Der Text sagt: „Sein Herz ist unmittelbar geöffnet und hat begriffen.“ Er erkundigte sich dann beim Gast über das Sutra und erfuhr vom Diamant-Sutra und vom 5. Ahnlehrer Hongren (601-675). Er fasste den Entschluss, auch Schüler dieses Meisters zu werden. Durch die gütige  Spende eines Gastes konnte er seine Mutter versorgen und sich auf den Weg machen. Die Strecke machte etwa 1200 km aus, – diese entspricht etwa die Distanz von Rom nach Frankfurt -, welche er zu Fuß in etwa 30 Tagen zurücklegte. Schließlich traf er im Kloster Dongchan im Kreis Huangmei (黄梅县东禅寺huáng méi xiàn dōng chán sì) in der heutigen Provinz Hubei (湖北省 hú běi shěng)ein. Nachdem er vorm 5. Ahnlehrer die rituelle Verbeugungen zur Begrüßung vollzogen hat, entwickelte sich daraufhin ein im Chan-Buddhismus sehr berühmter Dialog zwischen den beiden:

Der Ahnlehrer fragt: „Woher kommst du? Was suchst du (hier)?“

Huineng antwortete: „Der Schüler ist ein einfacher Mann aus der Präfektur Xinzhou südlich des Ling-Gebirges. (Er ist) aus der Weite angereist, um den Meister zu ehren. Er möchte nur ein Buddha werden und strebt nach nichts anderem.“  

Der Ahnlehrer sagt: „Du bist aus dem (unzivilisierten) Süden des Lin-Gebirges, dazu auch noch einer vom (wilden Eingeborenenstamm) Geliao, wie eignet sich ein solcher zum Buddhatum? 

Huineng sagt: „Die Menschen können zwar von Süden oder Norden stammen, nicht aber die Buddhanatur; der Körper eines Geliao unterscheidet sich von dem des Meisters, welchen Unterschied (aber) hat die Buddhanatur?“[1]

„Buddha werden“ kann unterschiedlich gedeutet werden. Buddha verstanden als ein verehrter Lehrer? Möchte Huineng verehrt werden oder den Zustand eines Buddha erreichen? Der 5. Ahnlehrer stellt ihn auf die Probe: Er beleidigt ihn als der Unzivilisierte aus einem wilden Eingeborenenstamm und fragt ihn, wie er denn so eingebildet sein kann, ein verehrter Meister wie Buddha werden zu können? Huinengs Antwort zeigt, dass er mit dem „Buddha werden“ nicht eine verehrte Stellung anstrebt, sondern die gemeinsame Natur aller Menschen kennenlernen möchte, dies unabhängig der Herkunft, der Bildung, des sozialen Status, des kulturellen Hintergrundes und der Religion. Das ist das, was er schon beim Hören des Diamant-Sutras begriffen hat und auch sein Motiv, warum er den Weg zum Meister gemacht hat. Anhand dieses Dialogs kann man auf zwei Dinge schließen:

  1. Huinengs Motiv zur Praxis ist das Erkennen der Buddha-Natur, die allen Menschen gemeinsam ist.
  2. Dies ist von Anfang an sein klares Ziel, welches er fest entschlossen verfolgt.

Schlussfolgernd möge eine Geschichte dies verdeutlichen:

Es war einmal ein junger Mann, der machte Urlaub auf einem Bauernhof und interessierte sich für die Feldarbeit. Der Bauer lässt ihn ausprobieren, den Pflug, der von einem Ochsen gezogen wird, zu führen. Er schaffte es aber nicht, den Pflug in der Spur zu halten. Der Bauer riet ihn, einen Gegenstand als Orientierungshilfe zu nehmen. Also suchte er sich eine Kuh auf der Weide als Ziel und bewegte sich auf sie zu. Trotzdem schaffte er es nicht eine gerade Strecke zu pflügen. Da sagte der Bauer, er möge sich ein festes und stabiles Ziel suchen und nicht eine sich ständig bewegende Kuh. Daraufhin suchte sich der Junge einen Baum aus und schaffte es auch sehr schnell eine gerade Strecke zu pflügen.

Wie reagierte nun der Lehrer auf diese Antwort?

Dharmaschatz Podiumsutra d. 6. Ahnlehrers (Kap. 1-3) –>

<– Dharmaschatz Podiumsutra d. 6. Ahnlehrers (Kap. 1-1)

[1] 祖问曰:汝何方人?欲求何物?惠能对曰:‘弟子是岭南新州百姓,远来礼师,惟求作佛,不求余物。祖言:‘汝是岭南人,又是獦獠,若为堪作佛?惠能曰:‘人虽有南北,佛性本无南北;獦獠身与和尚不同,佛性有何差别?——《法宝六祖坛经 行由品》



Kategorien:Buddhismus, Chan- (Zen-) Buddhismus, Podiumsutra

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